ABSTRACT
Der Teufelssee ist ein Himmelsteich. Der aus einem Toteisbrocken entstandene See existiert heute nur, weil stetig Grundwasser in ihn gepumpt wird. So ermöglicht er das, was seine Besuchenden als Naturerfahrung schätzen. WHAT IS A PINE TREE die kaleidoskopische Studie eines Ortes, an dem wir verstehen können, dass eine Trennung von Natur und Mensch – und somit von Subjekt und Objekt; ein Denken in Dichotomien generell – unmöglich ist.
WHAT IS A PINE TREE
Wie ist es möglich, einen Film aus der Perspektive des Ortes selbst zu erzählen? Einen Film ohne Trennung von Subjekt und Objekt, Mensch und Natur, Information und Atmosphäre? Diese Fragestellung beschäftigt mich seit vielen Jahren. In einem Research Paper zu einer Doktorarbeit habe ich in Hinblick auf die Klimakrise untersucht, inwiefern die ästhetische Beobachtung als aisthesis als notwendige ethische Praxis ernstgenommen werden sollte, um unsere okzidentale Beziehung zur Welt von ihrem dualistisch-cartesianischen Denken zu befreien (LINK). Diese Ideen haben besonders in den letzten Jahren im Zuge des Post-Nature Diskurses zwar Einzug in die akademische Diskussion erhalten – die Bearbeitung im Rahmen des künstlerischen Dokumentarfilms ist dagegen weitgehend ausgeblieben. Ich möchte deswegen versuchen, in einem Genre, das sich so oft auf Story und das Interesse am Menschlichen beruft, einen Film zu produzieren, der den Menschen als Nebendarsteller, das Narrativ als pluralistisch, den Fokus als peripher und die Zeitstruktur als relativ versteht.
Einen solchen Film möchte ich produzieren. An einem Ort, der nah und nahbar ist. An dem die symbiotische und rhizomatische Verbindungen von allen Lebensformen und ihren Umwelten anschaulich werden. Mit dem Teufelssee bei Berlin habe ich einen solchen Ort gefunden. Denn zunächst ist es schlicht wichtig, ihn wieder und wieder emissionsfrei besuchen zu können; ihn wieder und wieder zu dokumentieren; seine Spezifität zu beobachten und Strukturen zu erkennen, um diese schließlich durch die ästhetische Auseinandersetzung in eine Generalität zu synthetisieren. Die scheinbare Gewöhnlichkeit dieses Badesees macht ihn für mich interessant. Hunde laufen mit ihren Menschen am Sonntag um den See, Sand wird von Kindern mit Plastikschaufeln umgegraben. FKK Badegäste cremen auf trockenen Wiesen ihre Haut ein, weiße Körper mit schwarzen Kleidern feiern spätmittags ihre Afterhour hinter dichten Büschen am Wegesrand. Im Wasser aber lebt der seltene Bitterling: Ein Fisch, der nur in Symbiose mit bestimmten Muscheln seine Fortpflanzung sicherstellen kann. Eisvögel und Eichhörnchen besuchen die Szenerie in unregelmäßiger Gewohnheit, beobachtet vom ansässigen Ökowerk: das Touren und Workshops organisiert, im Auftrag der Ökologie.
Der Teufelssee selbst ist ein sogenannter Himmelsteich – er hat keinen Zugang zum Fließwasser. Auf der einen Seite grenzt er an ein geschütztes Moor an, an der anderen an den Teufelsberg: einem Berg, der zum Großteil aus Schutt des zweiten Weltkriegs entstand. Die Genese des Sees selbst ermöglichte ein schmelzender Toteisbrocken in der Eiszeit. Heute kann er seinen Wasserstand nur dadurch halten, dass Grundwasser stetig in den See gepumpt wird. Die Unmöglichkeit der Trennung von Mensch und Natur wird hier exemplarisch deutlich, ein symbolischer Naturort in symbolischer Abhängigkeit des Menschen.
Der Film versucht dabei, die Beobachtung des Spezifischen an sich als eine essentiell phänomenologische Praxis mit massiven ethischen Konsequenzen ernst zu nehmen. Denn nicht nur die konkrete Klimakrise, sondern die allgemeine Form der Funktionalisierung und Verallgemeinerung von Erfahrungen und Wahrnehmungen scheinen mir eine reale Herausforderung der Zeit zu sein. WHAT IS A PINE TREE soll dazu beitragen, unsere Umwelt außer-gewöhnlich zu sehen, um für eine neue Sensibilität zu werben.
ABSTRACT
Der Teufelssee ist ein Himmelsteich. Der aus einem Toteisbrocken entstandene See existiert heute nur, weil stetig Grundwasser in ihn gepumpt wird. So ermöglicht er das, was seine Besuchenden als Naturerfahrung schätzen. WHAT IS A PINE TREE die kaleidoskopische Studie eines Ortes, an dem wir verstehen können, dass eine Trennung von Natur und Mensch – und somit von Subjekt und Objekt; ein Denken in Dichotomien generell – unmöglich ist.
WHAT IS A PINE TREE
Wie ist es möglich, einen Film aus der Perspektive des Ortes selbst zu erzählen? Einen Film ohne Trennung von Subjekt und Objekt, Mensch und Natur, Information und Atmosphäre? Diese Fragestellung beschäftigt mich seit vielen Jahren. In einem Research Paper zu einer Doktorarbeit habe ich in Hinblick auf die Klimakrise untersucht, inwiefern die ästhetische Beobachtung als aisthesis als notwendige ethische Praxis ernstgenommen werden sollte, um unsere okzidentale Beziehung zur Welt von ihrem dualistisch-cartesianischen Denken zu befreien (LINK). Diese Ideen haben besonders in den letzten Jahren im Zuge des Post-Nature Diskurses zwar Einzug in die akademische Diskussion erhalten – die Bearbeitung im Rahmen des künstlerischen Dokumentarfilms ist dagegen weitgehend ausgeblieben. Ich möchte deswegen versuchen, in einem Genre, das sich so oft auf Story und das Interesse am Menschlichen beruft, einen Film zu produzieren, der den Menschen als Nebendarsteller, das Narrativ als pluralistisch, den Fokus als peripher und die Zeitstruktur als relativ versteht.
Einen solchen Film möchte ich produzieren. An einem Ort, der nah und nahbar ist. An dem die symbiotische und rhizomatische Verbindungen von allen Lebensformen und ihren Umwelten anschaulich werden. Mit dem Teufelssee bei Berlin habe ich einen solchen Ort gefunden. Denn zunächst ist es schlicht wichtig, ihn wieder und wieder emissionsfrei besuchen zu können; ihn wieder und wieder zu dokumentieren; seine Spezifität zu beobachten und Strukturen zu erkennen, um diese schließlich durch die ästhetische Auseinandersetzung in eine Generalität zu synthetisieren. Die scheinbare Gewöhnlichkeit dieses Badesees macht ihn für mich interessant. Hunde laufen mit ihren Menschen am Sonntag um den See, Sand wird von Kindern mit Plastikschaufeln umgegraben. FKK Badegäste cremen auf trockenen Wiesen ihre Haut ein, weiße Körper mit schwarzen Kleidern feiern spätmittags ihre Afterhour hinter dichten Büschen am Wegesrand. Im Wasser aber lebt der seltene Bitterling: Ein Fisch, der nur in Symbiose mit bestimmten Muscheln seine Fortpflanzung sicherstellen kann. Eisvögel und Eichhörnchen besuchen die Szenerie in unregelmäßiger Gewohnheit, beobachtet vom ansässigen Ökowerk: das Touren und Workshops organisiert, im Auftrag der Ökologie.
Der Teufelssee selbst ist ein sogenannter Himmelsteich – er hat keinen Zugang zum Fließwasser. Auf der einen Seite grenzt er an ein geschütztes Moor an, an der anderen an den Teufelsberg: einem Berg, der zum Großteil aus Schutt des zweiten Weltkriegs entstand. Die Genese des Sees selbst ermöglichte ein schmelzender Toteisbrocken in der Eiszeit. Heute kann er seinen Wasserstand nur dadurch halten, dass Grundwasser stetig in den See gepumpt wird. Die Unmöglichkeit der Trennung von Mensch und Natur wird hier exemplarisch deutlich, ein symbolischer Naturort in symbolischer Abhängigkeit des Menschen.
Der Film versucht dabei, die Beobachtung des Spezifischen an sich als eine essentiell phänomenologische Praxis mit massiven ethischen Konsequenzen ernst zu nehmen. Denn nicht nur die konkrete Klimakrise, sondern die allgemeine Form der Funktionalisierung und Verallgemeinerung von Erfahrungen und Wahrnehmungen scheinen mir eine reale Herausforderung der Zeit zu sein. WHAT IS A PINE TREE soll dazu beitragen, unsere Umwelt außer-gewöhnlich zu sehen, um für eine neue Sensibilität zu werben.