Dinge erfüllen einen Zweck. Eine Plastikflasche verspricht uns, jederzeit und überall den Durst zu stillen. Das Etikett, das den Flaschenhals ziert, hat die Aufgabe, jene Marke gegenüber seinen Konkurrenzprodukten zu distinguieren. Sogar die Farbe des Deckels ist das Produkt einer strategischen Beratung.
Was aber geschieht, wenn die Plastikflasche ausgetrunken ist? Wenn sie zwischen alten Blätter in ein öffentliches Beet geworfen wird? Sie verliert ihre Zweckhaftigkeit. Doch mehr als das: Sie verliert in gewisser Weise ihre Flaschenartigkeit. Ihre ästhetische und substanzielle Eigenheit wird durch eine Neukategorisierung ersetzt: Sie ist jetzt Müll. Müll, den es zu beseitigen gilt. Der immer eine auszumerzende Disruption des Anderen ist. Das Beet ist nun das zugemüllte Beet.
Die einzige Möglichkeit, in diesem Funktionsdenken mit diesem Dilemma produktiv umzugehen, scheint, im Müll das Versprechen des Recyclings zu entdecken. Es muss entfernt und gesammelt werden, um es in ein neues Produkt umwandeln zu können, das einen neuen Zweck erfüllt. Selbst in der Geste des reinen Entfernen des Mülls steckt eine zweckhafte Geste: die des Saubermachens.
Löst man sich jedoch ganz grundsätzlich aus jenen diskursiven Rahmen und betrachtet das Beet mit der Flasche mit einem radikal naiven Blick, wird das Beet zu einer Struktur, die Flasche zum ästhetischen Objekt. Ein Objekt, das gerade durch seine Zwecklosigkeit eine genuin ästhetische Qualität gewinnt.
Peter Reimers schreibt: „Ästhetisches Wissen besteht demzufolge in einem spezifischen Prozess der Auffassung von Eigenschaften, durch den es sich von begrifflichem Wissen unterscheidet. Genauer: Ästhetisches Wissen wird als eine besondere Art von Erfahrung bestimmt, die über einen sinnlich strukturierten Lernprozess unbestimmte Eigenschaften hervorhebt, d.h. Eigenschaften präsentiert, die unabhängig von diesem Prozess nicht implizit oder explizit zugeschrieben werden.“ Ästhetik vermittelt also nicht propositional und begrifflich, sondern spezifisch und auf gewisse Weise unbestimmt. Propositionalität ist im weitesten Sinne also ein Urteil, das genuin dichotom strukturiert ist. Das Objekt kann entweder eine Flasche sein oder keine. Sie kann am richtigen Ort sein oder am falschen. Folgt man jedoch Reimers Definition, offenbart sich das Objekt im Beet auf einmal auf eine vollkommen neue Weise: als spezifisches Objekt – also als ästhetisches Objekt.
Die Objekte verlieren also sowohl ihre ursprüngliche Identität (in unserem Beispiel die Flaschenhaftigkeit) als auch ihre neue (ihre Müllhaftigkeit). Durch die fotografische Abbildung ordnen sie sich einer zwecklosen Ästhetisierung unter. Die Farben und Strukturen, die Reflexionen und Formen beschreiben keine Eigenheit mehr, sondern offenbaren eine radikale Relationalität. Die fotografische Rahmung schafft durch ihr Format dabei automatisch eine kompositorische Ebene, der sich die Objekte im zweidimensionalen Raum unterordnen.
Die Ästhetik des Hinterlassenen ist eine Ästhetisierung des Gewöhnlichen – und damit eine Spezifizierung des Kategorischen.
Theoretical/Practical work for
my philosophy and arts studies
Hildesheim, 2019
Dinge erfüllen einen Zweck. Eine Plastikflasche verspricht uns, jederzeit und überall den Durst zu stillen. Das Etikett, das den Flaschenhals ziert, hat die Aufgabe, jene Marke gegenüber seinen Konkurrenzprodukten zu distinguieren. Sogar die Farbe des Deckels ist das Produkt einer strategischen Beratung.
Was aber geschieht, wenn die Plastikflasche ausgetrunken ist? Wenn sie zwischen alten Blätter in ein öffentliches Beet geworfen wird? Sie verliert ihre Zweckhaftigkeit. Doch mehr als das: Sie verliert in gewisser Weise ihre Flaschenartigkeit. Ihre ästhetische und substanzielle Eigenheit wird durch eine Neukategorisierung ersetzt: Sie ist jetzt Müll. Müll, den es zu beseitigen gilt. Der immer eine auszumerzende Disruption des Anderen ist. Das Beet ist nun das zugemüllte Beet.
Die einzige Möglichkeit, in diesem Funktionsdenken mit diesem Dilemma produktiv umzugehen, scheint, im Müll das Versprechen des Recyclings zu entdecken. Es muss entfernt und gesammelt werden, um es in ein neues Produkt umwandeln zu können, das einen neuen Zweck erfüllt. Selbst in der Geste des reinen Entfernen des Mülls steckt eine zweckhafte Geste: die des Saubermachens.
Löst man sich jedoch ganz grundsätzlich aus jenen diskursiven Rahmen und betrachtet das Beet mit der Flasche mit einem radikal naiven Blick, wird das Beet zu einer Struktur, die Flasche zum ästhetischen Objekt. Ein Objekt, das gerade durch seine Zwecklosigkeit eine genuin ästhetische Qualität gewinnt.
Peter Reimers schreibt: „Ästhetisches Wissen besteht demzufolge in einem spezifischen Prozess der Auffassung von Eigenschaften, durch den es sich von begrifflichem Wissen unterscheidet. Genauer: Ästhetisches Wissen wird als eine besondere Art von Erfahrung bestimmt, die über einen sinnlich strukturierten Lernprozess unbestimmte Eigenschaften hervorhebt, d.h. Eigenschaften präsentiert, die unabhängig von diesem Prozess nicht implizit oder explizit zugeschrieben werden.“ Ästhetik vermittelt also nicht propositional und begrifflich, sondern spezifisch und auf gewisse Weise unbestimmt. Propositionalität ist im weitesten Sinne also ein Urteil, das genuin dichotom strukturiert ist. Das Objekt kann entweder eine Flasche sein oder keine. Sie kann am richtigen Ort sein oder am falschen. Folgt man jedoch Reimers Definition, offenbart sich das Objekt im Beet auf einmal auf eine vollkommen neue Weise: als spezifisches Objekt – also als ästhetisches Objekt.
Die Objekte verlieren also sowohl ihre ursprüngliche Identität (in unserem Beispiel die Flaschenhaftigkeit) als auch ihre neue (ihre Müllhaftigkeit). Durch die fotografische Abbildung ordnen sie sich einer zwecklosen Ästhetisierung unter. Die Farben und Strukturen, die Reflexionen und Formen beschreiben keine Eigenheit mehr, sondern offenbaren eine radikale Relationalität. Die fotografische Rahmung schafft durch ihr Format dabei automatisch eine kompositorische Ebene, der sich die Objekte im zweidimensionalen Raum unterordnen.
Die Ästhetik des Hinterlassenen ist eine Ästhetisierung des Gewöhnlichen – und damit eine Spezifizierung des Kategorischen.
Theoretical/Practical work for
my philosophy and arts studies
Hildesheim, 2019